Ford Bronco im Test: Die Neuauflage des Allrad-Klassikers (2024)

Niko Bünten, Videojournalist:
»Jürgen, bist du heute Türsteher, oder wie?«

Jürgen Pander, DER SPIEGEL:
»Könnte man sagen. Ich falle einfach mal mit der Tür direkt ins Video. Oder man könnte kalauern: Endlich hält er mal die Klappe. Tue ich aber nicht, denn wir kümmern uns heute um einen Geländewagen-Klassiker. Um ein »Outdoor«-Auto sozusagen. So, jetzt aber Ende mit den Wortspielereien. Wir drehen eine Runde mit dem neuen Ford Bronco. Der Gag mit den ausbaubaren Türen. Der erinnert an den Ur-Bronco von 1966. Den gab es nämlich auch als Roadster Variante ganz ohne Türen. In 30 Jahren und fünf Modellgenerationen hat Ford mehr als eine Million Exemplare von dem Geländewagen gebaut. Dann war 25 Jahre lang Schluss. Das Auto wurde aus dem Angebot genommen und seit 2021 da fertigt Ford die sechste Generation. Mit der beschäftigen wir uns heute. Und die hat aufgrund ihres Retrodesigns natürlich in den USA sofort einen Hype ausgelöst. Die kastige Grundform, die geraden Scheiben und die eckige Frontpartie mit den kreisrunden Scheinwerfern: das ist typisch Bronco. Neu ist hier der Schriftzug Bronco. Früher stand Ford, der Markenname, auf der Kühlermaske.

Seit dem vergangenen Jahr wird der Wagen nun auch in Europa und in Deutschland angeboten. Immer mit vier Türen. Immer mit einem V6-Benziner. Zu dem später mehr und immer mit rustikaler Geländewagen-Konstruktion. Das heißt, wir haben einen Leiterrahmen, einen elektromechanisch zuschaltbaren Allradantrieb und so robuste rustikale Details wie diese Verzurr-Ösen zum Beispiel, die zugleich, weil sie ganz vorne auf den Kotflügeln sitzen, als Peilstäbe beim Rangieren dienen. Es gibt angeschraubte Kunststoffverbreiterung der Radhäuser. Die lassen sich bei Schrammen leicht austauschen. Wir haben einen Unterfahrschutz und einen Flankenschutz. Und am Heck? Da gibt es ein außen an der Tür angebrachtes Reserverad. Aber heute ist Tag der offenen Tür. Wir können uns also auch drinnen umschauen. Rein geht's.

Innen wie außen vermittelt der Bronco den Eindruck Ich mache keine SUV-Witze, ich mache ernst. Man erkennt das beispielsweise hier an diesem Armaturenbrett. Das ist wirklich wie ein Brett. Hier, diese Front. Hier drin gibt es nur abwaschbaren, unempfindlichen Kunststoff auf den Oberflächen. Ist ja für einen Geländewagen auch sinnvoll. Es gibt außerdem hier massive Griffe zum Festhalten, wenn es ruppig wird. Und große Bedienelemente hier, wie eine große Kartoffel, der Schaltknauf. Zugleich ist der Bronco natürlich auch im Digitalzeitalter angekommen, mit Digitalco*ckpit, mit Touchscreen, Infotainment-System und jeder Menge Assistenzsysteme.

Interessant wird die digitale Aufrüstung, wenn es um die Geländefähigkeiten geht. Beispielsweise bietet der Bronco allein sieben Fahrprogramme. Die werden hier auf diesem großen Drehregler auf der Mittelkonsole eingestellt. Es gibt das normale Fahrprogramm, das Eco-Fahrprogramm und das Slippery- Fahrprogramm bei Schnee oder Nässe für die Straße und dann vier spezielle Offroadprogramme. Die sind für schlammigen Untergrund, für Sand, »Baja«, das ist das Programm für schnelles Offroadfahren. Und dann gibt es noch »Rock Crawl« für felsiges Geläuf. Dazu lässt sich der Allradantrieb mit diesen Tasten hier oben noch weiter einstellen und spezifizieren. Es gibt eine sogenannte »Trail Toolbox«, so nennt Ford das. Dazu gehört beispielsweise eine spezielle Geländegeschwindigkeitskontrolle. Mit der lässt sich allein mit dem Gaspedal der Wagen im Gelände beschleunigen und abbremsen. Es gibt einen Tempomat fürs Gelände, der funktioniert bis 31 km/h und es gibt einen sogenannten »Trail Turn Assist«. Der wird hier oben aktiviert und der verkleinert den Wendekreis des Autos von normalerweise zwölf auf acht Meter. Und das passiert dadurch, dass das kurveninnere Hinterrad abgebremst wird und so der Wagen enger um die Kurve zieht. Wie das genau funktioniert, schauen wir uns gleich mal an und dazu fahren wir los.

So jetzt probieren wir den »Trail Turn Assist« mal aus, dieses Sonderprogramm um um enge Kurven herum zu kommen. Hier habe ich das auch mal eingestellt. Da kannst du verfolgen, Niko, wann er dann aktiv wird. Da vorne die Stelle scheint mir ganz gut. Wie gesagt, normaler Wendekreis zwölf Meter. Jetzt soll er sich auf acht Meter verkürzen und wir gucken mal, ob das hinhaut. So, jetzt schlag ich voll ein. System wird aktiv. Man merkt schon hinten, hinten hemmt es und es zieht uns rum und jawoll, es klappt. Prima. Funktioniert doch. Kann im engen Gelände ja mal ganz nützlich sein. Ja, das ist hier natürlich kein Hardcore-Offroad-Fahren. Einfach so ein bisschen ausprobieren. Ich kann das auch gar nicht, muss ich gestehen. Aber man erkennt schon und man spürt schon, was dieser Wagen eigentlich im Gelände kann und was er drauf hat. Das ist schon sehr beeindruckend. Übrigens: mit offener Tür zu fahren ist nur auf Privatgelände erlaubt. Auf öffentlichen Straßen erlischt mit ausgebauter Tür die Betriebserlaubnis. Und weil wir gleich noch auf öffentliche Straßen fahren wollen, bauen wir die Tür erst mal wieder ein.

Das Aus- oder Einbauen der Türen ist eine Sache von Minuten. Pro Tür müssen nur zwei Schrauben gelöst werden. Und dann gibt es noch einen Steckverbinder für die Elektrik. Ford liefert das entsprechende Werkzeug mit und wenn man möchte, kann man auch spezielle Taschen bestellen. In denen können die Türen verpackt werden und alle vier Türen passen ausgebaut auch in den Kofferraum. Jetzt aber zu den ersten Fahreindrücken hier drin. Man sitzt hoch. Die Rundumsicht ist bestens. Man hat das massige Auto besser im Griff, als man denkt. Und klar ist es so, dass ein Auto, was offroad im Gelände fast alles kann, auf der Straße ein paar Kompromisse machen muss. In dem Fall sind es: Manchmal gönnt sich die Zehn-Gang-Automatik eine Gedenksekunde. Manchmal wirkt der Wagen ein bisschen schwammig und vor allen Dingen wirkt er oberhalb von 80 km/h ziemlich laut. Wir wollen uns gleich noch den Motor angucken. Das tun wir ganz in Ruhe. Wenn wir noch mal anhalten.

Über die Motorisierung ihres Bronco müssen sich Kunden in Europa nicht große Gedanken machen. Es gibt nämlich nur ein Aggregat für die Autos, die hier angeboten werden, und zwar einen V6-Motor, 2,7 Liter Hubraum, 335 PS oder 246 KW und das maximale Drehmoment liegt bei 563 Newtonmeter. Als Durchschnittsverbrauch nach WLTP-Norm gibt Ford 10,7 Liter an und bei einer gemütlichen Autobahnfahrt, da lässt sich dieser Wert auch erreichen. In der Stadt oder im Gelände natürlich nicht. So, jetzt guckt mal ein bisschen weiter nach hinten auf die Rücksitze. Hier hinten gibt es auch massive Haltegriffe, USB-Steckdosen und Getränkehalter. Vor allen Dingen gibt es aber viel Platz und das gilt ganz besonders für die Außensitze, die beiden. Der Mittlere, das ist eher ein Notsitz, was auch ein bisschen schwach ist für ein Auto mit 4,80 Meter Länge und 2 Meter Breite knapp. So, jetzt gucken wir auch in den Kofferraum.

Um an den Kofferraum ranzukommen, muss man zunächst die Klappe mit dem Ersatzrad öffnen und dann kann man die Heckscheibe nach oben klappen und dann öffnet sich der Laderaum. Der hat ein Volumen von 562 Litern. Und wenn die Rücksitze umgeklappt werden, dann werden daraus 1804 Liter. Unter dieser robusten Gummimatte gibt es noch ein Fach für Wagenheber und Werkzeug. Und hier ums Eck gibt es einen kleinen Gag, nämlich einen in den Dachholm eingelassenen Flaschenöffner. Wir sind noch nicht so weit, dass wir Getränke zu uns nehmen. Wir drehen jetzt noch eine Runde.

Ford Bronco bringt einen wie jedes Auto nur von A nach B. Das Besondere ist, weil der Wagen auch auf einem wilden Offroad-Trail mit Schlammlöchern und Dornengestrüpp und Felsbrocken vorwärtskommen würde, da hat man ein anderes Gefühl am Steuer. Und falls man diese Offroad-Talente einsetzen will und den Wagen wirklich im Gelände fährt, dann sitzt man hier natürlich genau richtig. Falls man jedoch, was ja wohl in den allermeisten Fällen zutreffen wird, das Auto als ganz normalen Alltagswagen nutzt, dann schlagen einige dieser Talente in Nachteile um. Denn tatsächlich handelt es sich hier um ein Auto mit althergebrachter Technik, mit mäßigem Fahrkomfort und recht hohem Verbrauch. Pluspunkte sind das schicke Retrodesign, die pflegeleichten, abwaschbaren Oberflächen im Interieur und dass man die Türen ausbauen kann, vor allen Dingen aber auch die Dachelemente. Minuspunkte sind der hohe Verbrauchd, der enge Mittelplatz im Fond und das recht hohe Fahrgeräusch.

Niko Bünten, Videojournalist:
»Und was kostet der Wagen hier?«

Jürgen Pander, DER SPIEGEL:
»Den Bronco gibt es in der Einstiegsvariante »Outer Banks« ab 74.500 Euro. Und unser Testwagen, die Variante »Badlands«, Die kostet 78.500 Euro. Und natürlich ist der Preis durch einige Extras rasch ausbaufähig. Genau wie die Türen.«

Niko Bünten, Videojournalist:
»Kann man das Geld aber auch zum Fenster rauswerfen, oder?«

Jürgen Pander, DER SPIEGEL:
»Die Wahl hast du auch. Ja, das stimmt.«

Ford Bronco im Test: Die Neuauflage des Allrad-Klassikers (2024)
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Author: Aron Pacocha

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